Gamification ist der Einsatz von Spielelementen in einem Nicht-Spiel-Kontext. Also die Übertragung einzelner Mechanismen, die wir aus Spielen kennen, auf völlig spielfremde Zusammenhänge. Warum man das tut? Spiele sind Motivationskunstwerke. Sie begeistern, fesseln, machen Spaß. Andere Tätigkeiten nicht. Schulungen zum Beispiel, oder Straßenbahnfahren oder eine Therapiestunde beim Arzt. Wenn man sich aber genau anschaut, wie Spiele funktionieren, lassen sich dann nicht einzelne Elemente auch auf andere Kontexte übertragen? Damit sexy wird, was trocken ist? Damit lästige Punkte auf der inneren Muss-ich-machen-Liste auf die Will-ich-machen-Liste wandern?
Ja, das geht. Und genau das nennt man Gamification. In diesem immer wieder aktualisierten Guide erklären wir alles, was man über das Trendthema wissen muss. Hintergründe, Anwendungsfelder, Beispiel-Cases. Durch Links zu allen unseren Blogbeiträgen kann jeder selbst entscheiden, zu welchen thematischen Schwerpunkten man mehr erfahren möchte. Lasset die Spiele beginnen!
Inhalt
Was ist ein Spiel?
Spielelemente im Nicht-Spiel-Kontext – aber was ist damit eigentlich gemeint? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich zunächst einmal überlegen: Was ist ein Spiel? Was sind außerdem die Voraussetzungen, dass wir ein Phänomen „Spiel“ nennen?
Für uns sind es fünf entscheidende Eigenschaften: Goal, Rules, Unpredictability, Pleasure und Player.
Wir brauchen somit ein Spielziel, nach dem Spielende streben. Regeln, die nur innerhalb des Spiels gelten und eine zweite Realität aufbauen. Des Weiteren Unvorhersehbarkeit, die durch das richtige Verhältnis von Ziel zu Regeln entsteht. Ebenfalls Freude, die das Spiel hervorruft und der Primärzweck des Spielens ist. Und zuletzt mindestens einen Spieler oder eine Spielerin, der/die sich freiwillig in diese Parallelrealität namens Spiel begibt. Der/die akzeptiert, den Ball fortan nicht mehr mit der Hand zu berühren. Oder die eigene Spielfigur nur bei einer gewürfelten 6 von einem Feld auf ein anderes zieht.
Mehr zu Spiel und Spiel-Elementen:
- Warum spielen wir? Sinn und Zweck von Spiel
- Badge Systeme: Kleines 1×1 des Spielelements
- Aus dem Werkzeugkasten der Gamification: Soziale Features
Was ist Gamification?
Für manche ist es ein geschenktes Allheilmittel. Für andere eine kurzlebige Mode-Erscheinung: Bald wird sie vom nächsten Trend abgelöst. Allerdings sind beide Aussagen zu kurz gedacht. Gamification hat zunächst einmal nichts mit Computerspielen oder digitaler Unterhaltung im Allgemeinen zu tun. Es gab Gamifizierung vor 1000 Jahren, vor 100 und vor 10. So fällt jede Form des Einsatzes von Spielelementen in spielfremdem Kontext darunter.
Eine kurze und griffige Definition lautet: Gamification ist die Übertragung von Spiel Elementen auf einen Nicht-Spiel-Kontext. Beispielsweise können das einfache Elemente wie Ranglisten, Punkte oder Auszeichnungen sein. Oder komplexere Mechanismen, die Nutzenden einen kreativen Freiraum lassen. In jedem Fall wird etwas, das eigentlich kein Spiel ist, spielerisch. So schaffen es zum Beispiel Unternehmen, dass Prozesse für Mitarbeitende oder Kund:innen angenehmer werden. Und zusätzlich weniger Pflichtcharakter haben.
Mehr zu Gamification im Allgemeinen:
- Gamifizierung: Spielelemente sinnvoll nutzen
- Intrinsische Motivation fördern durch Gamification
- Was Gamification aus der Flow Theorie lernen kann
Was sind Serious Games?
Gamification und Serious Games sind keine verschiedenen Dinge. Eine Trennung in schwarz und weiß ist wenig sinnvoll: Sie hängen eng miteinander zusammen. Gamification meint den Einsatz von Elementen aus Spielen in Kontexten, die nichts mit Spielen zu tun haben. Die Bandbreite ist dabei sehr groß. Es kann sich um einzelne Elemente handeln, wie beispielsweise die Verwendung von Lade-Balken beim Ausfüllen eines LinkedIn-Profils. Es kann aber auch ein ganzes Spiel sein.
Nutzt man also nur einzelne Elemente, sprechen wir von Gamifizierung. In diesem Fall würden sich Nutzende auch gar nicht als Teilnehmer oder Teilnehmerinnen eines Spiels fühlen. Entwickelt man jedoch ein Spiel mit allen elementaren Bestandteilen, reden wir von einem Serious Game. Einem „ernsten“ Spiel. Ernst, weil wir uns immer noch im Non Game Context befinden. Es gibt also ein über das Spiel hinausgehendes Interesse, zum Beispiel die Vermittlung von Wissen.
Serious Games sind somit 100% gamifizierte Produkte. Oder mit anderen Worten: Jedes Serious Game ist ein Beispiel für Gamification. Aber nicht jede Form von Gamification ist ein Serious Game.
Mehr zu Serious Games:
- Know-how: Serious Games
- Serious Games: Spiele mit Mehrwert
- Digital Storytelling: Von der Geschichte zur Gamification
Wie geht man bei Gamification vor?
Gamification führt nicht automatisch zum Erfolg. Nicht jedes Spiel-Element ist in einem anderen Zusammenhang sinnvoll eingesetzt. Punkte, Highscores und Auszeichnungen mögen temporär funktionieren, sind aber nicht langfristig erfolgreich.
Die Universität Stanford entwickelte vor einiger Zeit Design Thinking als eine Methode zur Innovation. Diese steht sowohl für kreatives, als auch für Nutzer:innen zentriertes Denken. Wir haben diese Methode weiterentwickelt. Dabei haben wir unsere eigenen Erkenntnisse und Erfahrung aus der Arbeit mit Gamification einfließen lassen. Die daraus entstandene Methode nennen wir Game Thinking.
Damit Gamification nachhaltig ist, muss sie richtig umgesetzt sein. Das beinhaltet eine intensive Beschäftigung mit der jeweiligen Zielgruppe. Und detailliertes Wissen über die Funktionsweisen von Spielen. Wird Gamifizierung von Anfang an aus Sicht des Spielenden gedacht, sind Erfolge nicht nur spürbar, sondern auch messbar.
Die erste Phase (Step 1+2+3) des Game Thinking:
- Briefing: Am Anfang steht erst einmal eine Problemstellung, nicht die Lösung. Schon hier sollten bereits alle Abteilungen involviert sein, die später mit der gamifizierten Lösung arbeiten.
- Research: Anschließend sollte man alles über die Zielgruppe herauszufinden: Bedürfnisse, Wünsche, Probleme mit bestehenden Prozessen. Ganz egal, ob die Zielgruppe Endverbraucher:innen, Partner:innen im B2B Bereich oder Mitarbeiter:innen sind.
- Conclusion: Auf Basis der Recherche schafft man konkrete Typen von Nutzenden (Personas). Dabei kann man auf bekannte Tools zur Clusterung zurückgreifen. Zum Beispiel lassen sich psychologische Merkmale in Spieler:innen-Typen übersetzen. Falls sich die Zielgruppe zum Beispiel gerne im Wettkampf misst, sollte das Spiel entsprechende Elemente enthalten.
Die zweite Phase (Step 4+5+6) des Game Thinking:
- Ideation: Anschließend überlegt man, mit welchen Elementen aus Spielen sich die Problemstellung am besten lösen lässt. Punkte, Badges und Highscores könnten nun zum Einsatz kommen. Aber Gamification ist noch viel mehr: Es gibt hunderte wirksame Mechanismen in Spielen. Ein Blick auf Best Practice Beispiele aus dem Universum der Spiele hilft, clevere Elemente zu finden.
- Elaboration: Man sollte sorgfältig auswählen, welche Ideen sich kombinieren lassen. Denn diese finden den Weg in den ersten testbaren Prototyp. Auch jetzt erst liegt der Fokus auf den Details: Wer, wann, wo, wie oft und wie lange? Außerdem werden für offene Fragen der Umsetzung nun Lösungen gefunden.
- Testing: Schließlich testen wir den ersten Prototyp mit einer Gruppe von Nutzer:innen. Dadurch wird die Idee auf Herz und Nieren geprüft. Die Größe dieser Gruppe ist in jedem Projekt unterschiedlich. Vom 3-Personen-Team bis zur Public Beta. Vom Erfolg des Prototyps hängt ab, ob der Kurs geändert oder beibehalten wird.
Oft ist es sinnvoll, alle Projektbeteiligten mit einem gemeinsamen Workshop auf dasselbe Wissens- und Erwartungslevel zu heben. Dann steht der kreativen Gestaltung meist nicht mehr viel im Wege. Ob es um die Motivation der eigenen Mitarbeitenden geht oder die der potentiellen Kund:innen.
Mehr zum Vorgehen von Gamification Expert:innen:
- Know-how: Game Thinking
- User Tests: Prüfstand für gamifizierte Anwendungen
- Interview im Meinungsbarometer: „Gute Gamification stellt keine Anforderung“
- Design Thinking und Gamification – ein Interview beim Hasso-Plattner-Institut
- Pfeffermind sucht Gamification-Experten
Exkurs Gamification Toolkit: Player Journey
Eine ganze besondere Hilfestellung bei der Entwicklung eigener Gamification Ideen ist unsere Player Journey. Während die User Journey ein weit verbreitetes Tool ist, gehen wir einen Schritt weiter. Und sehen die Welt aus Sicht der Spielenden.
Eine Mission ruft den Helden oder die Heldin zum Abenteuer. Weiterhin führt sie ihn/sie in eine fremde Welt mit eigenen Regeln. Und stellt ihn/sie vor immer neue Herausforderungen. Die der Held oder die Heldin meistert und dafür belohnt wird. Während es klingt wie ein antiker Mythos, ist es eine Ur-Struktur menschlicher Erfahrung. Mission – Aktion – Challenge – Hilfsmittel – Feedback. In Geschichten aller Kulturen findet sich dieses Schema, in Büchern, Filmen – und natürlich Spielen. Aber auch die Missionen „Arbeitsplatz ergattern“, „Kunden gewinnen“, „Mitarbeitende motivieren“ oder „Lernziele erreichen“ lassen sich mithilfe dieses Frameworks darstellen und spielerisch optimal gestalten.
Denn Spiele sind besonders gut darin, Menschen zu motivieren. Man kann viel von ihnen lernen. Zum Beispiel, um Aufgaben von der inneren „Muss ich machen“-Liste auf die „Will ich machen“-Liste zu holen. Deshalb verrät dieses Gamification Toolkit, wie Spiele aufgebaut sind. Welche Kern-Elemente es gibt. Und wie man sie auch außerhalb des Spiel-Kontextes gewinnbringend einsetzen kann.
Alles über die Player Journey:
- Player Journey Lizenzen erwerben!
- Gamification Tools: Unser Player Journey Toolkit
- Mission: Das 1. von 5 Elementen
- Aktion: Das 2. von 5 Elementen
- Challenge: Das 3. von 5 Elementen
- Hilfsmittel: Das 4. von 5 Elementen
- Feedback: Das 5. von 5 Elementen
Wo kann man Gamification einsetzen?
Bei allen Prozessen, die ich als Beteiligte oder Beteiligter nicht uneingeschränkt genieße. Wenn ich als Schüler oder Schülerin beispielsweise komplett im Lernen aufgehe und mir die klassische Vermittlung von Inhalten Spaß macht, dann bin ich nicht unbedingt darauf angewiesen. Die Realität zeigt aber das Gegenteil. Die meisten Menschen müssen im Lauf des Tages sehr viele Dinge tun, die sie allerdings nicht wirklich gerne tun. Gamification hilft daher, lästige Punkte auf der inneren „Muss ich machen“-Liste auf die „Will ich machen“-Liste wandern zu lassen.
Auf einzelne Branchen ist Gamifizierung dabei übrigens nicht festgelegt. Alleine ein Blick auf unsere Kundenliste zeigt: Die Anwendungsfelder sind riesig. Versicherungen, Automobilhersteller, medizinische Institute, Energieversorger, Bildungsanstalten, Transportunternehmen, Werbeagenturen, Möbelhäuser, Elektronikkonzerne – alles dabei.
Gamification Beispiele:
- Gesundheitswesen: Achtsamkeits-App der AOK
- Automobilindustrie: Event-Schulung bei Continental
- Automobilindustrie: Schulung für Führungskräfte bei Porsche
- Bildung: Medienkompetenz-Game
- Bildung: Umdenken – von der Natur lernen
- Marktforschung: Gamifiziertes Umfrage-Tool
- Verkehrswesen: Escape Game zur Vermittlung von IT-Security-Wissen
Gamification in Unternehmen
Viele Firmen haben von dem Thema bereits gehört. Und würden sich daher die nachweislichen Vorteile gern zunutze machen. Denn immer wieder gibt es in der Business Welt wenig motivierende Tasks und Prozesse. Schafft man es, Mitarbeitende über Gamification von Aufgaben zu motivieren? Und lassen sich Kunden und Kundinnen durch innovative, spielerische Ideen im Marketing binden?
Gamification wurde gerade in den letzten Jahren immer populärer. Von vielen großen Konzernen wurde sie sogar in die DNA der Firma übernommen. Spielen ist demnach nicht mehr nur etwas für Kinder. Spätestens die Digital Natives erhalten sich das Spielen auch im Erwachsenenalter. Denn mit der viel zitierten Generation Y ändern sich Werte im Business. Zudem werden alte Strukturen kritisch hinterfragt und sogar aufgebrochen. Während Themen wie Motivation und Bedürfnisse der Angestellten immer wichtiger werden.
Dabei kann Gamification in Firmen verwendet werden. Also in Bezug auf Mitarbeitende, Führungskräfte oder Angestellte (interne Gamifizierung). Aber auch im Marketing, in der externen Kommunikation mit Kunden und Kundinnen, Dienstleistern und Dienstleisterinnen oder Bewerber und Bewerberinnen (externe Gamifizierung).
Gamification in Unternehmen:
- Know-how: Gamification in Unternehmen
- Motivation am Arbeitsplatz: Firmen setzen auf Gamification
- Anreizsysteme im Unternehmenskontext
- Pfeffermind Keynote: Gamification im Mittelstand
- Motivation durch Gamification in Unternehmen
Gamification im Personalwesen:
- Know-how: Event Gamification
- Mitarbeiterbindung durch Gamification
- Recrutainment: Recruiting trifft auf Entertainment
- Retention Management: Gamification für Personal
Gamification Marketing:
- Know-how: Gamification Marketing
- Gamification Marketing: Erfolg durch Advergaming
- Kundenbindung: Spielend angehen
- Case Study: Augmented-Reality-Quest
- Case Study: City-Quiz
Game-based Learning
Digitales Lernen und Lehren ist nicht nur eine Frage der technischen Möglichkeiten. Sondern der vermittelnden und motivierenden Verbindung von Technik und Inhalten. Digitalisierung für die Weiterbildung zählt zu den großen Themen der letzten Jahre. Ob in Schule, Studium oder dem lebenslangen Lernen danach: Komplexe Inhalte wollen verständlich aufbereitet werden. Mit klarer Zielsetzung und Flow basierten Lerneinheiten.
Als beliebte Methode zur Steigerung von Motivation rückt Gamifizierung immer weiter in den Fokus. Game-based Learning ist keine unnütze Spielerei. Vielmehr ist es die Möglichkeit, Lerninhalte einfacher und einprägsamer zu vermitteln. Sowohl im Unternehmen, als auch in Bildungseinrichtungen.
Mehr zu Game-based Learning:
- Know-how: Game-based Learning
- Game-based Learning: Spielend lernen
- E-Learning: Lernensysteme im digitalen Zeitalter
- Blended Learning: On- und Offline im Gleichgewicht
- LMS: Das Fundament des digitalen Lernens
- Spielend lernen: Spiele als optimale Lernumgebung?
Best Practice Beispiele:
- Know-how: Gamification in Bildung und Kultur
- Medienkompetenz Escape Game in den Nachrichten
- Gamification Beispiel: Gamification in Schule & Studium
- Nach Cannes Lions Shortlist: Awards für Pfeffermind-Spiel
Noch mehr Wissenshunger?
Hat Ihnen die kleine Reise durch die bunte Welt der Gamification gefallen? Dann interessieren Sie vielleicht noch die aktuellen Beiträge auf unserem Blog. Z.B. unsere letzten Artikel zu wissenschaftlichen Themen, die alle stark mit Gamification und Interaktionssystemen verbunden sind.
- Know-how: Digitalisierung und digitale Transformation
- Know-how: Escape Games
- Pfeffermind erklärt: Gamification im Metaverse
- Gamification im Gesundheitswesen
- Pfeffermind erklärt: NFT und Gamification
- Zielsetzungstheorie in der Praxis mit Gamification
- Playful Sound in Gamification- und Interaktionskonzepten
- Motivational Design: Die 8 Pfeiler der Octalysis
- Von Persuasive Design zu Gamification
- Verlustaversion und ihr Nutzen in Gamification
Über neue Projekte berichten wir in unseren Referenzen. Und wenn Sie schon so weit sind, über ein eigenes Projekt nachzudenken: Werfen Sie einen Blick auf unsere Leistungen – wir helfen gerne. Treten Sie doch einfach mit uns in Kontakt!